CEO-Umfrage zum Stand der CO2-Neutralität
Einer Untersuchung zu Folge meint es die deutsche Wirtschaftselite zunehmend ernst mit ihren Bemühungen um den Schutz von Klima und Umwelt. Demnach hat die Nachhaltigkeit in der überwiegenden Mehrheit der befragten Unternehmen die Digitalisierung als Topthema mittlerweile eingeholt oder sogar abgelöst.
Immer mehr Unternehmen setzen sich ein festes Ziel, wann sie die eigenen CO2-Emissionen auf Nettonull reduziert haben wollen. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg: Im Durchschnitt benötigen die teilnehmenden Konzerne noch 14 Jahre, um diese Vorgabe zu erreichen. Diese Ergebnisse wurden im Rahmen des Klimagipfels in Glasgow vorgestellt, wie die FAZ berichtet.
Die qualitative Untersuchung basiert auf mehr als zwanzig Gesprächen mit führenden Kräften aus der deutschen Wirtschaft. Erstellt wurde die Untersuchung vom FUTURIST Institute for Sustainable Transformation, dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und der Unternehmensberatung Bain & Company.
Wie die Befragung ergab, stehen die Führungskräfte in der Umsetzung der Nachhaltigkeitspolitik in ihren Unternehmen vor allem vor einem Problem: Fast zwei Drittel der Befragten gaben an, dass Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit in ihrer Realität noch Gegensätze sind. Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, beobachtet jedoch, dass Unternehmen zunehmend damit beginnen, Nachhaltigkeit strategisch anzugehen, einen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen und sich damit neue Chancen zu erschließen. „Entscheidend ist dabei, dass wirtschaftliche Entwicklung innerhalb des sicheren Rahmens der planetarischen Grenzen stattfindet.“
Walter Sinn, Deutschlandchef von Bain, geht davon aus, dass sich dieses Spannungsfeld zwischen Ökologie und Ökonomie zunehmend auflöst. „Etliche Nachhaltigkeitsprojekte gerade im Bereich Umwelt rechnen sich schon.“ Dieser Prozess werde an Dynamik gewinnen. Künftig, so Sinn, werden die Kosten für mehr Nachhaltigkeit deutlich geringer ausfallen als die Chancen auf zusätzliche Umsätze mit nachhaltigen Produkten. Schon heute fordern vor allem Investoren von vielen Unternehmen eine klare Ausrichtung hin zu mehr Nachhaltigkeit. Viele der Befragten sahen ihre bisherigen Bemühungen durchaus kritisch. Auf einer Skala von 1 bis 10 (je höher desto zufriedener) bewerteten sie diese lediglich mit 5,6. Für Haltung und Sensibilität gaben sie sich immerhin eine 7,1.
Die Studienautoren haben zudem zehn Schritte definiert, mit denen Unternehmen systematisch den Weg zu mehr Nachhaltigkeit einschlagen können. Dazu gehören in erster Linie eine klare Definition der Ziele, die wiederum messbar sein müssen. Auch die Integration in die finanzielle Steuerung des Unternehmens ist demnach bedeutsam. Zu den weichen Faktoren gehört ein Kulturwandel im Unternehmen, der das Thema in der Belegschaft verankert. Diesen müsse wiederum die Chefetage forcieren, indem sie die Ziele vorlebe „und in der Organisation die Leidenschaft hierfür weckt“, heißt es in dem Papier.
Überhaupt spielen Führungskräfte den Autoren zufolge eine zentrale Rolle für das Gelingen der Nachhaltigkeitsbemühungen: Sie müssten als Antreiber, Kommunikatoren, Dirigenten und Mahner in diesem Prozess auftreten – alles klassische Rollen von Vorgesetzten in betrieblichen Veränderungsprozessen. Diese Leistungen müssten wiederum in die Vergütungssysteme einfließen. Werden Nachhaltigkeitsziele verfehlt, muss also auch der Jahresbonus schmelzen.
Futurist-Gründer Tobias Raffel mahnt mit Blick auf den Klimawandel alle Beteiligten zum raschen Handeln. „Nur gemeinsam können Wirtschaft und Gesellschaft die Folgen des Klimawandels wirksam begrenzen.“ Klimaforscher Rockström verweist auf den hohen Handlungsdruck: „Am Ende des Jahres 2021 gibt es keinen Grund mehr zu zweifeln oder zu zögern.“